Aktuelles

Statement des AStA FH Bielefeld zu rassistischen Vorfällen überall

 

Forderungen an die Fachhochschule Bielefeld
 

Fast kein anderes Thema ist derzeit aktueller als rassistische Polizeigewalt. Fast jeden Tag findet sich ein neues Video, das eine rassistische Polizeikontrolle zeigt, die in unbegründeter und brutaler Gewalt seitens der Polizei mündet. In fast allen Fällen sind Menschen betroffen, denen ein Migrationshintergrund zugeschrieben wird. Seit dem Tod George Floyds, verursacht durch US-amerikanische Polizisten, protestieren in vielen Ländern Menschen gegen diese Gewalt und gegen Rassismus. Sie fordern – Black Lives Matter.
 
Es darf nicht verkannt und übersehen werden, dass rassistische Polizeigewalt, Racial Profiling und andere Formen rassistischer Repression oder institutionellem Rassismus auch ein in Deutschland weit verbreitetes Problem sind.
 
Wir möchten uns hiermit konkret gegen jede Form von Rassismus, rassistischer Gewalt und Diskriminierung aussprechen und das überall!
Egal ob in der Hochschule, im Supermarkt, in den Schulen und Betrieben, auf dem Arbeitsoder Wohnungsmarkt oder generell im Alltag!
 
„Die Vorstellung, Menschen in sogenannte „Rassen“ einzuteilen und diese dann zu hierarchisieren ist eine menschengemachte Ideologie. Sie ist alles andere als ein Naturgesetz. Entstanden ist diese Irrvorstellung während der Kolonialisierung im 16. Jahrhundert, als Menschen vom afrikanischen Kontinent entrechtet, als Arbeitskräfte versklavt, vergewaltigt und/ oder ermordet wurden. In Europa wurden diese Verbrechen damit gerechtfertigt, dass die Menschen dort unterentwickelt und besonders „naturverhaftet“ seien. Fortschritt und Zivilisation müssen ihnen erst notfalls mit Gewalt - „beigebracht“ werden.
 
Weil Rassismus also wichtig war, um zu legitimieren, warum einige mehr Zugang zu Menschenrechten und Ressourcen haben sollten als andere, wurde lange versucht, die Vorstellung von „Rassen“ als „natürlich“ oder „legitim“ darzustellen. Auch die Wissenschaft macht da keine Ausnahme: Sie erforschte und „bewies“ jahrhundertelang, es gäbe menschliche „Rassen“ und natürliche Rangordnungen, also qua Biologie „bessere“ und „schlechtere“ Menschen. Das ist längst widerlegt, doch der Glaube daran hält sich auch heute weiterhin hartnäckig. Nicht zuletzt deshalb, weil die Abwertung „anderer“ Menschen dazu dient, sich selbst und die eigene Gruppe aufzuwerten.“ 1
 
Rassismus und die Unterdrückung von Lebensweisen, die nicht der „weißen Ideologie“ entsprechen, lassen sich durch ihre Jahrhunderte lange Tradition nicht mit einem kleinen Statement, einer halbherzigen Beileidsbekundung oder einer inhaltsleeren Solidarisierung mit den derzeitigen Kämpfen erledigen.
Rassismen und Vorurteile, die wir von Kindesbeinen an beigebracht bekommen, die wir in unserem Alltag miterleben oder selbst erfahren haben, mit denen wir sozialisiert wurden, sind in unserem Denken, unserem Handeln, in unserer Gesellschaft und in unseren Strukturen und Institutionen fest verankert.
 
Das führt soweit, dass seit dem 01.01.2014 schätzungsweise 19.479 Menschen im Mittelmeer an Europas Außengrenzen sterben mussten oder auf See verschollen sind. 2
Immer noch leben tausende Menschen an eben diesen Grenzen unter unzumutbaren Bedingungen, wie zum Beispiel in dem in der Nacht vom 8. auf den 9. September 2020 abgebrannten Camp Moria auf der Insel Lesbos in Griechenland.
 
Rassismus beginnt bereits in vielen unbemerkten Momenten. Mit einem Gefühl der Ablehnung und einer Andersbehandlung, geht weiter mit einer schlechteren Bewertung von schulischen oder beruflichen Leistungen, einer erschwerten Jobsuche und führt unter anderem zu unnötigen und unbegründeten rassistischen Polizeikontrollen und Polizeigewalt. Diese vermeintlich kleinen und zufälligen Momente zeigen die Verwobenheit und die Komplexität des Rassismus in unserer Gesellschaft. An der Art, wie dieser praktiziert wird, wird deutlich, wie tief und vielschichtig eine antirassistische Arbeit gehen muss, um ihn gänzlich aufzulösen.
Erlernte und oftmals unbewusste Denkmuster müssen in Auseinandersetzungen mit sich selbst erkannt, benannt, reflektiert und verändert werden. Gleichzeitig müssen wir die Strukturen, die uns umgeben und von denen wir Teil sind, analysieren und hinterfragen, um dort Veränderung bewirken zu können, wo Benachteiligung ermöglicht wird.
 
Als einen Ort der Bildung stellt die Fachhochschule Bielefeld, wie andere Bildungseinrichtungen, einen Ort dar, an dem gesellschaftliche Probleme erkannt, offen thematisiert und anschließend analysiert und bearbeitet werden müssen.
Deshalb ist es unerlässlich, dass die Fachhochschule Bielefeld das Ziel anstreben sollte, ein Rassismus armer Raum zu werden. Als eine Institution in dem aktuellen System sollte die Fachhochschule ihre Strukturen und Momente, die rassistische Denkmuster reproduzieren und somit Rassismuserfahrungen begünstigen, hinterfragen und verändern.
Um diesem Ziel einen kleinen Schritt näher zu kommen, fordern wir, als Allgemeiner Studierendenausschuss, die Fachhochschule Bielefeld dazu auf, unverzüglich unabhängige Antidiskriminierungsstellen an den Standorten Bielefeld, Minden und Gütersloh ein zu reichen!
 
Dies kann aber nicht alles sein. Darum appellieren wir an alle unseren Mitstudierenden, die Dozent*innen, das Präsidium und alle Mitarbeitenden der Fachhochschule Bielefeld: greift ein und bezieht Stellung, wenn ihr diskriminierendes Verhalten beobachtet!
Lasst Betroffene nicht alleine und fragt, ob ihr ihnen helfen könnt. Allein als solidarische und kritische Beobachter*innen könnt ihr schon eine emotionale Stütze sein!
Hört Betroffenen aufmerksam zu und lernt voneinander. Denn die Erfahrungen eines Menschen, wo, wie, wann und durch wen er Diskriminierung erlebt hat, ist nicht bloß eine von vielen Geschichten, sondern Wissen, dass im Kampf gegen Rassismus unabdingbar ist. Sprecht mit euren Kommiliton*innen und Kolleg*innen darüber, tauscht euch aus und entwickelt euch gemeinsam weiter!
 
Rassismus muss immer und überall angeprangert werden, wo er anzutreffen ist!

BLACK LIVES MATTER

Für ein besseres Leben für alle!
 
AStA FH Bielefeld vom 26. August 2020